Man sagt dir, dass du die Vergangenheit zurücklassen sollst.
Aber auch aufarbeiten.
Man sagt dir, dass du im Hier und Jetzt leben sollst.
Aber auch nach vorne blicken.
Man sagt dir, dass du dir Wissen aneignen sollst.
Aber auch endlich mal den Kopf freibekommen.
Man sagt dir, dass du Stille suchen sollst.
Aber auch Gesellschaft.
Und man sagt dir, …
dass du Yoga machen,
meditieren, aufhören zu Rauchen, mit dem Fasten beginnen, deine Berufswahl überdenken, deinen Freundeskreis sortieren und deine Gedanken aufschreiben sollst.
Und zwar gleich nach Sonnenaufgang binnen deiner Morgenroutine.
Aber noch vor dem Joggen.
Und die Innenschau währenddessen nicht vergessen sowie zuvor den mindestens achtstündigen Schlaf!
Durch diesen erhältst du nämlich die Kondition für den Pilgerweg.
Den dann bitte mit einem möglichst leichtem Rucksack laufen oder am besten gar nichts mitnehmen.
Die schweren Wälzer zur Bindungstheorie aber unbedingt einpacken!
Auch den Detox-Tee und die Matte auf der du Ho’oponopono im Handstand machen sollst!
Und nicht vergessen: vor dem Schlafen immer in Dankbarkeit finden!
Für das Heute. Und das Morgen.
Demut auch finden!
Besonders für das Gestern.
Und stets achtsam bleiben!
Wie ging das noch? Ach ja per Innenschau. Also wieder von vorne.
Und immer schön reflektieren!
Projizieren aber nicht mehr. Darauf musst du unbedingt achten!
Und auf die Gegenwärtigkeit auch.
Und deinen Atem.
Und auf alles, was du denkst oder fühlst.
Sofort prüfen und sofort wieder loslassen!
Auch keine sozialen Medien mehr, aber dennoch ein eigenes Netzwerk aufbauen. Alles in Liebe, versteht sich. Jedoch ohne Ego.
Das ist überhaupt das Wichtigste.
Tja, …
da sitzt du nun im Selbstfindungsmobil und es manövriert dich irgendwie durch die Einbahnstraße deiner Entwicklung.
Zurück geht's nicht mehr, jedoch behäbig vorwärts und zwar über jede Menge Pflastersteine.
Der Motor kränkelt manchmal gehörig, doch irgendwie tuckert das Ding immer weiter voran.
Komisch... sein Sprit scheint unerschöpflich zu sein.
Ach ja! Das Ding fährt ja mit Luft und Liebe. Wie praktisch und fast hätte ich's vergessen!
Das Heck ist mit Aufklebern gepflastert, die die Historie deiner Fahrtstrecke wiedergeben.
Hier warst du also schon überall: im fernen Osten, im Tal der Tränen und auf dem Gipfel der Auferstehung.
Ja, du bist echt rumgekommen. Und wen du alles getroffen hast!
Meister Eckhart, Herrn Jung, Frau Stahl und einen Mann mit geschnürten Ledersandalen.
Toll! Sie alle haben ihren Aufkleber auf's Heck gepappt.
Auf dem Beifahrersitz sitzt die Selbstfindung höchstpersönlich mit strengem Blick, Monokel im Auge und Klemmbrett auf dem Schoß.
Darauf: deine To do Liste, die akribisch abgehakt wird:
Selbstliebe, Selbstwert, Selbstachtung, Selbstbewusstsein, Loslassen, Seinlassen, Dankbarkeit, Demut, Vergebung, Gegenwärtigkeit, Egolosigkeit, Achtsamkeit.
Sie navigiert und quasselt DIE GANZE ZEIT: "Hier lang! Da lang! Rechts abbiegen! Jetzt links! U-Turn! Ab hier nur geradeaus!"
Das ist anstrengend, du hast wirklich keinen Bock mehr und doch musst du diese elende Karre weitersteuern.
Aber wo navigiert sie dich eigentlich hin?!? Zu einem Ort auf diesem Planeten? Existiert er überhaupt in diesem Leben?!? In diesem Universum? Kann sie mal verständlich und flüssig navigieren?! Oder einfach mal die Klappe halten?
Und wen haben wir denn da noch auf dem Rücksitz?
Ein quengeliges, hungriges inneres Kind und womöglich einen Psychotherapeuten?!?
Die reden auch die ganze Zeit.
Alleine, miteinander oder mit dir und das macht nicht nur mürbe, sondern vor allem auch keinen Spaß, denn irgendwann kann und mag man nicht mehr zuhören. Zu Recht! Das ist völlig normal und geht irgendwann den allermeisten Menschen so, die bereits lange Wege in ihrer Selbstfindung zurückgelegt haben.
Deshalb jetzt mal eine Frage: Hast du eigentlich noch eine Vorstellung darüber, wer du ohne dein Problem bist?
Kannst du dich noch an ein Leben ohne dein Problem erinnern?
Nein? Dann benötigst du wirklich mal einen Boxenstopp. Halte am Seitenstreifen und lass alle aussteigen! Die Selbstfindung, das innere Kind und ggf. den Psychotherapeuten. Alle raus! Und dann drehst du eine Runde ohne sie und machst dir einen schönen Tag. Oder einen schönen Urlaub. Alleine, mit Freunden oder idealerweise mit dir völlig Fremden.
Tue, was immer du tun möchtest! Hauptsache es herrscht mal Abwechslung in deinem Leben. Abwechselung, die man teilweise bewusst wieder aufsuchen und dafür das Selbstfindungsmobil mal zum Anhalten bringen muss. Insbesondere dann, wenn es so widerspenstig vor sich hin eiert und selber nicht mehr so recht weiß, wo es denn nun eigentlich weitergeht. Es muss sein und es ist überhaupt nicht schlimm. Sie kommen wirklich auch mal alle eine Weile ohne dich klar und du auch auch ohne sie. Also fahre mal hin und wieder ohne die Selbstfindung & Co weiter und genieße deine Zeit!
Genieße deine Lebensfreude und es ist total wichtig, dass du weißt: es gibt ein Leben jenseits deines Problems. Ganz sicher. Dein Transformation Prozess ist wichtig und die Auseinandersetzung mit ihm auch. Inbegriffen ist unweigerlich die Reise zu dir selbst und insofern stimmt deine Richtung also. Aber: deine Lebensfreude darf dabei nicht völlig auf der Strecke bleiben. Du musst deine Heilungs- und Entwicklungsprozesse beherrschen und nicht sie dich.
Ich bin in einer Entwicklungsstagnation einfach mal nach Kuba geflogen. Dort habe ich mir ein Auto gemietet und bin vom Norden in den Süden gefahren. Meine Unterkünfte waren bei verschiedensten kubanischen Familien. Hier kannte niemand Herrn Jung oder Frau Stahl und das war das Beste, was mir passieren konnte.
Eine komplette Auszeit vom Prozess. Andere Themen, ein völlig anderer Ablauf und einen nicht nur räumlichen Abstand zu dieser ganzen Thematik, sondern einen ganzheitlichen. Abgesehen davon hatte ich plötzlich völlig andere Probleme: Wie wechselt man einen Reifen? Werde ich erblinden, wenn ich Das jetzt trinke? Ich kann kein Spanisch, die anderen kein Englisch und das ist ziemlich ungünstig. Was nun?
Ich wurde gezwungen mich mal wieder mit anderen Dingen auseinanderzusetzen. Herrlich!
Insofern möchte ich bei längeren Transformation Prozessen ausdrücklich den temporären Abstand dazu empfehlen. Und der muss manchmal wirklich ganz bewusst hergestellt werden. Mach das ruhig mal! Wenn du dann anschließend wieder im Selbstfindungsmobil Platz nimmst, dann wirst du bemerken, dass die Fahrt bereits wieder sehr viel flüssiger, aber vor allem auch wieder angenehmer, verläuft.
" Aber wir erleben unsere schönen Tage, ohne sie zu bemerken.
Erst wenn die schlimmen kommen, wünschen wir jene zurück."
- Arthur Schopenhauer
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